„Wir haben in Deutschland keinen Nachholbedarf an Humanität“, dass sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer. EU Kommissionspräsidentin von der Leyen spricht bei ihrem Griechenland Besuch am Dienstag vom „Schutzschild Europas“. Der dortige Sicherheitsrat verspricht das Abschreckungsniveau an den Grenzen auf ein Maximum zu erhöhen und kündigte „Schießübungen“ der Armee an. [1]
Gegen wen bitte?
Ja, die Rede ist von Schutzsuchenden, die seit dem vergangenen Wochenende versuchen aus der Türkei in die EU zu flüchten und durch die griechischen Behörden und die Grenzschutzagentur FRONTEX brutal daran gehindert werden. So unbegreiflich es scheinen mag, die Worte werden Wirklichkeit. Ärzte und Journalist*innen Berichten von mindestens drei Toten. Ein investigativer Report der Gruppe „Forensic Architecture“ [2] bestätigt das. Bereits am Montag ertrank ein Mädchen in der Ägäis vor den Augen der Küstenwache, die dort mit über 52 Booten patrouilliert.[3]
Das ist keine „Flüchtlingskrise“, das ist eine Krise, ein bloßes Versagen der Menschlichkeit der Europäischen Union! Seit Jahren kneifen die Mitgliedsländer die Augen ganz fest zu, wenn es um eine Regelung zu Aufnahmen von Schutzsuchenden geht. Insbesondere, wenn sie schon die EU erreicht haben. Umso ernster nimmt sie ihr Engagement dafür, dass keine weiteren die Außengrenzen überschreiten. Auch, wenn dabei offensichtlich Menschenrechte außer Kraft gesetzt werden. Das stellt zumindest die griechische Regierung mit ganzer Härte unter Beweis, die Initiative „Alarm Phone“ berichtet von 13 Übergriffen auf Boote Flüchtender seit dem 1. März durch die griechische und türkische Küstenwache, bei denen die Motoren entwendet und Menschen mit Eisenstangen geschlagen wurden.[4] Außerdem kündigte die Regierung in Athen an, dass man alle seit dem 1. März ankommenden Flüchtenden über Abschiebelager in ihre Herkunftsländer zurück führen wolle.
Mit Entsetzen beobachten wir auch die Entwicklungen auf der griechischen Insel Lesbos. 20.000 Menschen harren dort unter den unwürdigsten Bedingungen in einem Lager aus, welches einmal für 2.840 gebaut wurde.
Seit Tagen werden dort nun Journalist*innen, Parlamentarier und Freiwillige von rechten Schlägertrupps verfolgt und gewalttätig bedroht. Ein Fotograf wurde verletzt und verließ die Insel, Anlaufstellen für Flüchtende wurden niedergebrannt und bereits in der Nacht von Montag auf Dienstag wurde uns mitgeteilt, dass mehrere NGOs ihre Freiwilligen vorerst von der Insel evakuieren. Am heutigen Freitag berichtete Erik Marquardt, Mitglied im EU Parlament für die Grünen, dass mehrere bekannte deutsche Rechtsextreme, teilweise wegen Gewalttaten vorbestraft, auf Lesbos gesehen wurden, weitere aus ganz Europa seien auf dem Weg. [5]
Um so verächtlicher wirkt es da, wenn im deutschen Bundestag mit 495 Stimmen ein Antrag zur Aufnahme von gerade einmal 5000 Flüchtenden abgelehnt wird, obwohl sich 138 europäische Städte für die Aufnahme von Menschen bereit erklärt haben. Sicher, was es auch braucht, ist eine langfristige Lösung. Diese ist aktuell aber in keiner Weise in Sicht. Wer also weitere Tote an den EU Grenzen verhindern möchte und, wem es ein Anliegen ist, dass diese Europäische Union eine menschenwürdige bleibt, der hat sich für die sofortige Aufnahme von Schutzsuchenden einzusetzen.
Ein mal mehr ist das ein Grund, den Aufruf der Seebrücke zu Aktionen im ganzen Land zu teilen und ihm zu folgen.
So starten wir unsere nächste Tournee. Mit viel Wut und Entsetzen, dass diese Thematik immer noch und auf solch eine Weise, so eine Brisanz hat. An dieser Stelle freuen wir uns besonders unsere öffentlichen Gastspiele kund tun zu können, sind gespannt auf regen Besuch und viele Gespräche! An dieser Stelle auch ein herzlichen Dank an alle Initiativen, Schulen und Gruppen bei denen wir zu Gast sein dürfen.
Die Spieltermine:
– Sa. 14.03. Plauen
– Di. 17.03. Leipzig
– Do. 19.03. Dresden
Quellen
- https://pdodswr-a.akamaihd.net/swr/swr2/aktuell/20200303-1800.m.mp3, https://taz.de/Gefluechtete-an-EU-Grenze-in-Griechenland/!5668117/ gesehen am 4.3.2020
- https://forensic-architecture.org/programme/news/joint-statement-on-the-ongoing-violence-at-the-greece-turkey-border/ gesehen am 6.3.2020
- https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europaeische-union-intensiviert-grenzschutz-in-griechenland-16659174.html gesehen am 4.3.2020
- https://alarmphone.org/en/2020/03/04/escalating-violence-in-the-aegean-sea/?post_type_release_type=post
- https://twitter.com/ErikMarquardt/status/1235874718844162048